Groß-Altenstädten
Ortsteil Groß-Altenstädten
Es ist heute kaum mehr vorstellbar, dass das abseits gelegene, stille Dorf einstmals seinen Platz an einer belebten Handelsstraße des Mittelalters hatte. An die Nord-Süd-Verbindung Köln-Frankfurt schloss sich ganz in der Nähe der Übergang zur wichtigen Leipziger Straße an, so dass ständig ein reger Warentransport mit Planwagen, Fuhrleuten und Gespannen unterwegs war. Letztes Zeugnis aus dieser Zeit ist die Niederweidbacher Wallfahrtskapelle mit dem wunderbaren Altarschrein.
Infolge seiner Bedeutung besaß Groß-Altenstädten auch schon frühzeitig eine eigene Pfarrei. Eine Kirche wird im Jahre 1310 erwähnt und ein Pfarrer Conradus im Jahr 1325. Nach der Reformation wurde sie 1548 Filial von Königsberg und ging später an Hohensolms über. Heute bildet Groß-Altenstädten zusammen mit Erda und Hohensolms eine Kirchengemeinde.
In einem Vertrag der Brüder von Calsmunt hören wir von einem Besitz in Groß-Altenstädten, das dem Kloster Altenberg übereignet wurde. Wahrscheinlich spielt hier bereits der Machtkampf hinein, dass nur dem Kaiser untergebene Kloster in Abhängigkeit der Solmser Grafen zu bringen.
Viel später bei der Teilung der Solmser Besitztümer 1432 ist noch ausdrücklich vermerkt, dass der Schwester des Grafen Johann als Meisterin des Klosters eine Gülte auf Groß-Altenstädten zustand, die erst nach ihrem Tode dem Bruder zufallen.
Trotz der Lage in der Nähe der Handelsstraße blieb die Bevölkerung Groß-Altenstädtens arm. Die Einwohner waren Leibeigene oder Hörige des Adels und mussten Abgaben zahlen und Frohendienste leisten. Im 30-jährigen Krieg wurde auch Groß-Altenstädten durch plündernde und mordende Söldnertrupps und einer Pest arg in Mitleidenschaft gezogen. Viele Dörfer dieser Gegend gingen aber ganz unter. Um die Ländereien dieser Wüstungen gab es oft Streit unter den übergebliebenen Dörfern. So auch zwischen Groß-Altenstädten und Bermoll. Davon zeugt noch ein Waldstück das zwischen Groß-Altenstädten und Bermoll umstritten war. Die einen nennen es „Eidstrauch“ (Eigentum mit Eid besiegelt), die anderen „Meidstrauch“ (Ort ist zu meiden).
Ganz besonders schlimm traf es den Ort am Bartholomäustag (28. August) 1797: 15 Gehöfte wurden durch ein Feuer, das schnell von Strohdach zu Strohdach sprang, völlig vernichtet. Einwohner der Nachbargemeinden halfen beim Wiederaufbau, so entstand das Dorf an anderer Stelle neu, nur die Kirche ist am ursprünglichen Platz geblieben.
Die Armut zog sich bis ins letzte Jahrhundert hinein. So wird berichtet, dass Kinder erst zur Konfirmation zum ersten Mal Lederschuhe bekamen. Die Männer mussten bis ins Dillgebiet zur Arbeit in den Eisenwerken laufen und die Frauen trugen ihre Produkte zu Fuß nach Wetzlar zum Markt.
Umso erstaunlicher ist es, dass die fleißigen Groß- Altenstädter eine ganze Reihe prächtiger Fachwerkhäuser bauten. Auch das Rathaus („Backhaus“) ist größer und sorgfältiger in der Bauweise, als man es für einen kleinen Ort vermuten würde. Allerdings ist die eine Hälfte des Hauses erst im vorletzten Jahrhundert gebaut worden.
Davor stand in alter Zeit ein Leiterhaus mit einem Strohdach. Es diente gleicher Weise zur Aufbewahrung der Feuerwehrleitern als zur Überfahrt der Bauernfuhrwerke über den Bach.
Leider wurde es abgerissen, als man eine Steinbrücke erbaute. Aber bis vor wenigen Jahren gab es daneben wieder ein Leiterhaus mit einem Fußsteig.
Zu Groß-Altenstädten gehört auch die Pfeffermühle. In den vergangenen Jahrhunderten hingen das Wohl und Wehe eines Dorfes von der Ernte und dem Besitz einer Mühle ab.
Es gab eine Unmenge von Mahlvorschriften für die Müller und ihre bäuerliche Kundschaft. Ohne eigene Mühle war ein Dorf unter Umständen zum Untergang verurteilt. So kam es, dass die Lohmühle und die Pfeffermühle, die doch nur einen Steinwurf voneinander entfernt waren, verschiedenen Dörfern zugehören. Die Lohmühle zählt zur Hohensolmser und die Pfeffermühle zur Groß-Altenstädter Gemarkung.